JAGD UND WALD

Um welche Jäger geht's denn?

 

Nachdem schon in den "allgemeinen Vorbemerkungen" einiges zur Personengruppe der deutschen Waidmänner gesagt wurde, muss dieses Thema hier nochmals unter anderen Gesichtspunkten aufgegriffen werden. Wir machen zunächst nochmals deutlich, dass wir uns hier nur mit einem Teil der deutschen Jäger auseinandersetzen. Dabei musszunächst klar sein, dass man in Deutschland formal drei Gruppen von Jägern unterscheiden muss: Berufsjäger, die als solche ausgebildet und beschäftigt sind. Daneben gibt es die Förster, zu deren Berufsausübung auch die Jagd als Teil des Waldschutzes gehört. Außerdem gibt es Hobbyjäger, die sich nach ihrer Motivation wiederum in zwei Gruppen einteilen lassen. Der eine Teil betreibt die Jagd meist nur auf Schalenwild. Er versucht das durch die jagdliche Ausrottung von Wolf, Bär und Luchs entstandene "Ungleichgewicht" so gut wie möglich zu kompensieren. Genauer besehen geht es dabei meist um die Sicherung der Verjüngungsfähigkeit des Waldes. Der zweite Teil der Hobbyjäger besteht aus Personen, die eine besondere Freude daran oder ein besonderes Bedürfnis danach haben, Tiere zu erschießen oder in Fallen zu fangen. Dabei spielen die "Waffen" dieser Tiere eine besondere Rolle als Trophäen. Solche "Waffen" tragen meist nur die männlichen Tiere in Form von Geweihen, Gehörnen oder Eckzähnen. Für die Erlegung werden von "Trophäenjägern" hohe Geldbeträge und gewaltige Emotionen investiert. Diese Kadaverteile schmücken dann die Wohn- und Arbeitszimmer der stolzen Besitzer und dokumentieren unverhohlen deren Veranlagung.

Diese Hobbyjäger und diejenigen, die zwar berufsbedingt jagen, aber ebenfalls dem Trophäenkult huldigen, sind das Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen. Da die Gesamtzahl der Jäger in Deutschland nur 0,46 Prozent der Bevölkerung ausmacht und weit mehr als die Hälfte von ihnen zur verantwortungsmotivierten oder wenigstens zur vernünftigen Gruppe gehört, beschränkt sich das Problem formal auf etwa 0,1 Prozent der Bürger.

Der politische Einfluss dieser Gruppe ist allerdings sehr viel größer als es angesichts dieses Bevölkerungsanteils und des Hobbycharakters ihrer Trophäensammelei angebracht ist. Dafür gibt es drei Hauptgründe:

1. Die hier behandelte Problemgruppe verhält sich soziologisch unglaublich ausgeprägt nach den Regeln von hochrangigen Kasten. Das wichtigste Merkmal dafür ist die soziale Abgrenzung der Gruppe. Zu diesem Zweck bleibt man so gut wie möglich "unter sich". Das bedeutet: man hat Freunde, Anwalt, Steuerberater, Arzt usw. aus Waidmannskreisen. Das Gruppengefühl wird gestärkt, indem man an eine uralte Tradition der eigenen "waidmännischen" Rituale glaubt, indem man uniformartig ähnliche Kleidung trägt und indem man eine eigene Sprache spricht. Die Beherrschung von Ritual und Sprache erfüllt gleichzeitig die Funktion eines Ausweises der Gruppenzugehörigkeit bei der Begegnung mit Fremden. Die Gruppenbildung wird gefestigt durch ausgeprägte Rangordnungen in der Gruppe und durch rigiden Gruppenzwang bei Gruppenaktivitäten vom Saufen bis zur Bestattungsfeier und durch große Solidarität bei "Angriffen" von Kastenfremden auf Kastenbrüder. Diese Muster erwiesen sich oft sehr gut verträglich mit den Sozialstrukturen ultrarechter Gruppen. (Alle diese Dinge sind in dem satirischen Film "Der Schuss ins Brötchen" von Joachim Roering in unübertrefflicher Weise dargestellt.) Alle diese Verhaltensmuster geben große gesellschaftliche und politische Durchsetzungskraft.

1. Jene, die sich eine eigene Jagd leisten können, sind oft auch im politischen Alltagsgeschäft sehr einflussreich. In der Regel kostet ein solches Hobby immerhin insgesamt zwischen etwa 5.000,- € und weit über 100.000,- € pro Jahr.

2. Unter den politischen Mandatsträgern sind die Hobbyjäger weit überproportional vertreten. So waren über lange Zeit etwa 30 Prozent der bayerischen Landtagsabgeordneten Jäger, und es gab bayerische Kabinette, in denen nur zwei Nichtjäger (Eisenmann und Maier) vertreten waren. Besonders einflussreiche und gleichzeitig Argumenten kaum zugängliche Vertreter dieser Art waren oder sind die Ministerpräsidenten

·         F.J. Strauß (CSU) Bayern

·         Max Streibl (CSU) Bayern

·         Ernst Albrecht (CDU) Niedersachsen

·         Bernhard Vogel (CDU) früher Rheinland Pfalz, später Thüringen

·         Harry Carstensen (CDU) Schleswig Holstein

 

Besonders berühmte Jäger aus der Bundespolitik waren oder sind:

·         Bundespräsident Walter Scheel (FDP)

·         Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD)

·         Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier (CDU)

·         Bundestagspräsident Richard Stücklen (CSU)

·         Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU)

·         Bundesminister für Landwirtschaft und Forsten Josef Ertl (FDP)

·         Bundesminister für Landwirtschaft u. Forsten Jochen Borchert (CDU)

·         Bundesminister für Landwirtschaft und Forsten Funke (SPD)

·         Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommern Till Backhaus (SPD)

·         Bundesminister für Verteidigung / für Atomenergie F.J. Strauß (CSU)

·         Staatssekretär Wolfgang Gröbel (CSU)

Aber auch die Verbandsszene ist zum Schaden des Waldes und seiner Besitzer und der Bevölkerung in vielfältiger Weise mit dieser parlamentarischen Fraktion der Jägerlobby verfilzt:

Fast alle deutschen Trophäenjäger sind organisiert im Deutschen Jagdschutzverband (DJV). Sein langjähriger Präsident, der Rechtsanwalt Dr. Gerhard Frank (CSU), war gleichzeitig Landtagsabgeordneter und gab sich über viele Jahre als absoluter Hardliner in der Durchsetzung der Interessen seiner Klientel. Dabei scheute er auch vor fragwürdigen Methoden des öffentlichen politischen Umgangs selbst mit dem damaligen bayerischen Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reinhold Bocklet (CSU) nicht zurück, wenn der Minister den Geweihfetischisten an die staatliche Finanzierung ihres Hobbys wollte. Trotzdem war das politische Gewicht Franks noch groß genug, dass Frank anlässlich seines Rücktritts als BJV-Präsident, im Namen des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (CDU), das "Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" überreicht wurde. Dies geschah dafür, dass sich Frank "in besonderer Weise hohe persönliche Verdienste um Jagd und Wild in Bayern und darüber hinaus in ganz Deutschland erworben hat" durch Herrn Staatsminister Bocklet, der ihm auch noch "namens der Bayerischen Staatsregierung sowie persönlich sehr herzlich ... in den ihm bleibenden Ämtern und Verantwortungen weiterhin den verdienten Erfolg" wünschte.

Ein anderer Verband, von dem man erwarten könnte, dass er sich für den Wald und die Waldbesitzer einsetzt, ist der Deutsche Bauernverband. Er repräsentiert unter anderem Tausende von bäuerlichen Waldbesitzern. Der Präsident dieser Vereinigung war 1969-1997 Freiherr Constantin von Heeremann (CDU). Aber auch dieser Verband und sein Präsident haben bis heute kein deutliches Wort für den Schutz des Waldes verlauten lassen, obwohl Herr Heeremann auch als Bundestagsabgeordneter dazu reichlich Gelegenheit gehabt hätte. Eine sehr reiche Dekoration mit Trophäen an der Wand des Arbeitszimmers des Präsidenten nährt den Verdacht, dass diese Zurückhaltung etwas mit dessen Hobby zu tun haben könnte.

Schließlich ist auch der Vorsitzende des Bayerischen Grundbesitzerverbandes, Fürst Albert von Öttingen-Spielberg, der die bayerischen Großwaldbesitzer vertritt, aktives Mitglied im DJV. Sogar der Vorsitzende des Verbandes der Steuerzahler Baron von Hohenhau ist im Interesse der Hobbyjäger aktiv und benutzt dabei sogar gelegentlich den Verband der Steuerzahler als Hilfsmannschaft der Hobbyjäger.

Dieser Filz zwischen Hobbyjägerei und politischer Mandatsträgerschaft führte sogar dazu, dass der DJV und seine Untergliederungen als "Naturschutzverbände" im Sinne des Par. 29 Bundesnaturschutzgesetz anerkannt wurden.

In Bayern gibt es bis heute wahrscheinlich die ausgeprägteste Verfilzung zwischen Staatsfunktionären und Trophäenjägern. Beispiele dazu gibt es massenhaft. Am aktuellsten ist der völlig maffiose "Amoklauf der Staatsverwaltung" (Zitat von Bürgermeister Eckardt CSU) der Staatsregierung gegen den (ehemaligen?) Leiter des Forstamtes Feuchtwangen. Der glaubte, sein Ministerpräsident und seine zuständigen Minister würden meinen was sie verkünden, in Bayern ginge „Wald vor Wild“. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Homepage des Ökologischen Jagdvereins. (ÖJV)

Aber natürlich gibt es derlei Figuren nicht nur in Schlüsselpositionen der BRD. Berühmte und berüchtigte Hobbyjäger aus anderen Ländern und/oder anderen Zeiten sind unten aufgelistet. Wenn Sie die Herren anklicken, erfahren Sie etwas mehr über sie.

·         Hermann Göring, Reichsjägermeister, Reichs-Luftfahrt-Minister

·         Heinrich Himmler, Reichsführer der SS

·         Joachim von Ribbentrop, Reichs-Außenminister

·         Leonid Breschnew, sowjetischen Staats- und Parteichef

·         Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, sowjetischer Staats- und Parteichef

·         Wladimir Putin, Präsident von Russland

·         Nicolae Ceausescu, Präsident von Rumänien

·         Winston Churchill, Premierminister von England

·         Lord Baden-Powell, Englischer Offizier in Rhodesien und Gründer der internationalen Pfadfinder

·         Theodor Roosevelt, Präsident der USA

·         George W. Bush, Präsident der USA

·         Sarah Palin Kandidatin der Republikaner für Vizepräsidentin 2008 u. Gouverneurin von Alaska (USA)

·         Dick Cheney, Vizepräsident der USA

·         Walter Ulbricht, wichtiger Politiker der DDR kein Jäger aus Überzeugung

·         Erich Honecker, Staatsratsvorsitzender der DDR

·         Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit der DDR

·         Markus Wolf, 34 J. Vorsitzender der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) der DDR

·         Günter Mittag, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der SED

·         Kaiser Wilhelm II, Deutscher Kaiser von 1888-1918

·         Fürst Bismarck, Ministerpräsident von Preußen

·         Friedrich Ebert, 1. Reichspräsident der deutschen Weimarer Republik

·         Paul von Hindenburg, 2. Reichspräsident der deutschen Weimarer Republik

Diese Aufzählung mit Dekoration ließe sich noch sehr lange fortsetzen. Aber die angebotene Information sollte eigentlich ausreichen, um Ihnen das Problem bewusst zu machen. Umfassender können sie sich an Hand einiger sehr instruktiver Bücher und Filme informieren.

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