Waldzustand in Deutschland und Europa weiter verschlechtert
Erholung des Waldes in den neuen Bundesländern zu Ende

Pressemitteilung zum Waldschadensbericht 2000
vom 29.11.2000

Nach Ansicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigt die weitere Zunahme der Waldschäden in Deutschland und Europa, daß sich die Umweltsituation trotz einiger beachtlicher Teilerfolge weiter verschlechtert. "Der Wald ist unser bester Bioindikator, weil er als Ökosystem über die Reaktionen von hunderten von Einzelarten in optimaler Weise die Einflüsse von hunderten von Umweltfaktoren sichtbar macht." erklärte der Waldpolitische Sprecher des Verbandes, Helmut Klein, zur Erläuterung der Bedeutung des morgen wieder vorgelegten Waldzustandsberichtes der Bundesregierung.

Es wäre gut, wenn sich der "Forstminister" wenigstens in diesem Zusammenhang, in dem sich kaum Widerstand aus seinem Zuständigkeitsbereich ergeben würde, zu präzisen und sachgerechten Forderungen durchringen könnte. Schließlich stirbt der Wald weiterhin an der Luft, die wir atmen und dem Klima, das wir verschulden. Außerdem hängen Klimaveränderung, Hochwasserereignisse, Trinkwasserqualität, Erholungsmöglichkeit, Passierbarkeit und Bewohnbarkeit der Gebirge und vieles mehr aufs Engste vom Zustand unserer Wälder ab. Auch der Wirtschaftsminister, der Finanzminister und die Gesundheitsmimisterin können die Tatsache nicht länger ignorieren, dass Umweltschutz zwar heute teuer ist, dass aber versäumter Umweltschutz morgen unbezahlbar und übermorgen tödlich ist.

Die Versauerung der deutschen Waldböden schreitet zwar heute langsamer fort als vor 20 Jahren, aber sie schreitet nach übereinstimmender Erkenntnis aller zuständigen Stellen auf 80 % der Fläche weiter fort. Die Belastung durch bodennahes Ozon, das aus den Auspuffgasen der Kraftfahrzeuge entsteht, steigt weiter, und das Umweltbundesamt hat schon 1995 dokumentiert, daß die Konzentration dieses Gases auf 95 % der Landesfläche die Grenze der Belastbarkeit von Wald und Menschen übersteigt. Der anthropogene Treibhauseffekt schließlich schädigt den Wald, und dessen beschleunigter Verfall verstärkt wiederum die Erwärmung der Atmosphäre. "Eine Gesellschaft, die das weiß, sagenhaft teure Detailkarten von den Jupitermonden erstellt und hier und jetzt nicht entschieden handelt, macht sich selbst zum Auslaufmodell. Mandatsträger, die diese Politik mittragen, machen sich schuldig." erklärte Klein.

Die gerade von der OECD veröffentlichten Ergebnisse der Waldschadenserhebung in 30 europäischen Ländern zeigt, daß - mit Schwerpunkt in Italien - der Anteil geschädigter Waldbäume weiter steigt. Im August 1999 zeigten 63,7 % von 128.977 untersuchten Bäumen an 9.892 Standorten Kronenverlichtungen. Europaweit am schwersten betroffen ist die Tanne mit 86,3 % Gesamtschaden und 43,4 % schwer geschädigten Bäumen. Ihr folgt die Stieleiche mit 82,6 % beziehungsweise 28,5 %. Danach folgt die Buche, die in Deutschland am schwersten betroffen ist mit 77,8 % beziehungsweise 24,2 %. Bei Fichte mit 73,6 bzw. 34,8 % und Waldkiefer mit 65,6 bzw. 14,6 % scheint das Fortschreiten der Krankheit zum Stillstand gekommen zu sein. Eine Besserung ist aber nicht zu erkennen.

Der Anteil kranker Bäume im deutschen Wald stieg um 2 % auf 65 %, der der schwer kranken um 1 % auf 23 %. Nachdem sich beim Zustand der Eiche ein Trend zur Besserung fortgesetzt hat, ist jetzt die Buche am schlimmsten betroffen. Bei der häufigsten Baumart in Deutschlands Wäldern, der Fichte, sind nach leichter Zunahme 25 % schwer und insgesamt 66 % krank.

Alle Angaben sind weiterhin durch zahlreiche von der Politik vorgegebene Erhebungsfehler geschönt. Der bedeutendste ist weiterhin die Beschränkung der Datenerhebung auf die Eischätzung der Kronenverlichtung (noch) stehender Bäume, an denen kein wesentlicher Insektenfraß feststellbar ist. Dies gilt, obwohl seit dem ersten Viertel des vergangenen Jahrhunderts bekannt ist, daß Immissionsbelastung zur Schädlingsanfälligkeit führt und obwohl wir seit 10 Jahren wissen, daß Bäume mit Kronenverlichtung besonders sturmgefährdet sind. So sind riesige Kahlflächen in den Mittelgebirgen und den Alpen weder als krank noch als tot erfaßt.

Eine Sortierung der Ergebnisse nach alten und neuen Bundesländern zeigt, dass die Schäden in der ehemaligen DDR von 1992 - 1996 deutlichen zurückgingen, während sich ein entsprechender Trend in den alten Bundesländern nur andeutete. Die Ursache war wohl die deutliche Verbesserung der Luftqualität nach dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft und beginnende Emissionskontrolle. Seit 1996 ist dieser Angleichungsprozess beendet. Die Schäden steigen seither in Ost und West und haben in diesem Jahr das gleiche Niveau erreicht.

Dramatisch ist die seit Jahren immer wieder bestätigte Entwicklung der Bodenschäden durch Versauerung und Stickstoffeintrag. Hierzu ist es wenig hilfreich, wenn die Landwirtschaftsminister immer wieder darauf hinweisen, dass der Eintrag von Stickstoff aus der Landwirtschaft ein großes Problem ist. Hier wäre es nach Ansicht des BUND angebracht, daß wenigstens alle Minister, die Landwirtschaft und Forsten in ihrem Ressort vereinigen, diese bizarre Bewußtseinsspaltung bezüglich ihrer Verantwortung überwinden und Lösungen einleiten.

Das weitere Fortschreiten der sichtbaren Schäden an den Bäumen und das zunächst verborgene Fortschreiten der Bodenschäden sind alarmierend, zumal sie von fast allen Bundesländern als sehr schwerwiegend beurteilt werden. Hierzu fordert der BUND erneut alle zuständigen Minister zu aufrüttelnder und motivierender Öffentlichkeitsarbeit auf. "Das jährliche gebetsmühlenhafte Verkünden der neuesten Schadensbilanz wird dem Problem ebensowenig gerecht wie der Umgang dieser Gesellschaft mit Klimaänderung, BSE und Atommüll" erklärte Bundesgeschäftsführer Timm für den BUND.

Rückfragen an den Waldpolitischen Sprecher des BUND
Dr. Helmut Klein
Tel: 08152-2344
Hdy: 0171-5391309
eMail: WaldKlein@T-online.de